„The Man from
London“ erzählt im Kern eine sehr einfache Geschichte. Der Leuchtturmwärter
Maloin beobachtet im Hafen einen tödlich endenden Kampf zwischen zwei Männern.
Dabei fällt der Tote mit seinem Koffer ins Hafenbecken. Maloin fischt den
Koffer aus dem Hafenbecken und findet eine große Menge Geld darin. Als ein
Inspektor in die Stadt kommt, verdächtigt dieser einen anderen Mann, das Geld
gestohlen zu haben.
Maloin stellt sich nun die Frage, ob er die Wahrheit sagen
soll.
Charakteristisch
für diesen Film ist das sehr konsequente Aufrechterhalten der schwarz-weiß
Optik. Durch dieses Vermeiden von Farben und die häufig vorherrschende
Dunkelheit im Film, sind die Figuren selten klar und deutlich zu erkennen. Dies
ist jedoch nicht nur auf der visuellen Ebene der Fall, sondern auch auf der
inhaltlichen. Man erfährt wenig über die Figuren, alles scheint aus dem Nichts
zu kommen. Um den Inhalt der Geschichte geht es in diesem Film auch nur nebensächlich.
Viel mehr versucht Béla Tarr eine emotionale Erfahrung zu schaffen. Geradezu
hypnotisch wirkt die von Beginn an sehr präsente Musik. Sie legt einen
unheimlichen Schleier über alles, was geschieht. Der Zuschauer wird förmlich in
das Bild hineingezogen.
Außerdem besteht
der Film beinahe ausschließlich aus langen, ruhigen Plansequenzen, die den
einzelnen Bildern eine fast schon gemäldehafte Strukturgeben. Sehr auffällig
ist dabei vor allem die häufig genutzte Tiefe des Bildes. Es ist im Vordergrund
kaum etwas zu sehen und der Hintergrund ist relevanter. Oder Personen, die in
den Hintergrund weggehen. Die Kamera bleibt dabei stillstehen.
Sowieso ist die
sehr freie und ruhige Kamerabewegung ein sehr interessantes Merkmal. Sie ist
oft sehr nah an den Protagonisten, filmt häufig über ihre Schulter oder geht
sehr nah an ihr Gesicht heran. Hier wird eine Ambivalenz klar, die sich durch
den ganzen Film zieht. Man scheint den Figuren sehr nah zu sein und doch sind
sie dem Zuschauer so rätselhaft und so fern. Eine emotionale Verbindung zu den
Figuren aufzubauen, ist vom ersten Moment an schwierig. Viel mehr ist das Ziel,
eine emotionale Verbindung zu den Bildern aufzubauen und sich in die Stimmung
des Films hineinzufühlen. Ein weiterer
Aspekt des Films ist das spezielle Sounddesign. Hierbei sind einige immer
wiederkehrende Motive zu hören. Zunächst ist es das einfache, hypnotische
Motiv, welches in Hafenszenen vorkommt. In der Kneipe, in der sich Maloin öfter
aufhält, spielt stets ein Akkordeon im Hintergrund (sicherlich meine
Lieblingsfilmszene, die ich in diesem Jahr gesehen habe.) Ansonsten hört man
sehr oft das Plätschern des Meeres. Diese Töne haben anfangs eine beruhigende
Funktion. Später jedoch, werden sie die
Unruhe, die alle Figuren verfolgt, darstellen.
Die Welt, in der
sich die Handlung abspielt, ist kaum greifbar. Alles scheint egal zu sein,
niemand weiß genau, warum Dinge geschehen. Das wird durch die dunkle Schwere
verdeutlicht, die über dem Film liegt. Und als
dann doch so etwas Ähnliches, wie eine moralisch vertretbare Handlung
geschieht, nämlich das Geständnis von Maloin, wird diese sofort negiert, da der
Kommissar nun das Geld an sich nimmt. Sollte es für diese Figuren einen kurzen
Moment der Hoffnung auf Erlösung gegeben haben, wird hiermit alles beendet.
Zwischendurch hatte sogar die Tochter von Maloin Hoffnung geschöpft. Doch mit
dem sehr langen Anhalten auf dem Gesicht der Frau des gestorbenen Mannes aus
London in der letzten Szene wird deutlich, dass keinerlei Hoffnung mehr
besteht. Dann wird das Bild weiß und der Film endet dort, wo er begonnen hat:
Im Nichts.
Dieser Text wurde von Luca Schepers(@ArafatsSohn) verfasst.
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