Es
ist ebenso langweilig wie müßig, den aktuellen Zustand des deutschen Films zu
beklagen, schließlich wurde dies an anderer Stelle von klugen Leuten schon sehr
umfassend getan. Nichtsdestotrotz bietet Erik Charrells musikalische
Liebeskomödie rund um den Wiener Kongress (in Geschichtslehrbücher auch gerne
als „Die Neuordnung Europas“ übertitelt), „Der Kongress tanzt“ Anlass zu
betrauern, was dem deutschen Kino mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus
(wenn dies natürlich auch eher eins der geringeren Schrecken darstellt)
verloren gegangen ist.
Der
ganze Film scheint von einer Beschwingtheit und Musikalität durchdrungen, die
sich im Nachhinein natürlich leicht als eine Art Tanz auf dem Vulkan angesichts
des aufkommenden Faschismus lesen lässt, jedoch in den besten Momenten des
Films zu einer kaum gekannten Offenheit findet. Wunderbar der Moment, in dem
sich der enttäuschte Liebende, der dafür sorgen muss, dass sich seine
Angebetete mit dem russischen Zaren vergnügt, bei der Befehlsentgegennahme mit
einer Schreibfeder eine Träne aus dem Augenwinkel wischt; wundervoll wie die
große Lilian Harvey, die eine im wahrsten Sinne des Worts Starperformance
liefert, mehrfach ihre Sitzposition überdenkt, in der sie ihren geliebten Zaren
empfangen möchte – das muss ein Stück vom Himmel sein, wie es in einer der
zahlreichen, extrem aufwendig choreographierten und gefilmten Musiknummern
heißt. Ohnehin die Musik: Auch wenn es häufig dazu verleitet, in ungute
Nostalgiegefilde abzugleiten, hat die melancholische Lebensfreude der Lieder
einen einnehmenden, gar mitreißenden Charakter. Unterstützt wird dies durch die
extraordinäre Spielfreude der umwerfenden Darsteller, angeführt von der bereits
gelobten Lilian Harvey, der leider nie eine große Hollywood-Karriere vergönnt
war, obschon sie eigentlich beste Voraussetzungen für eine solche hätte haben
sollen, bis zum bittersüßen Ende.
„Der
Kongress tanzt“ ist ein schöner Blick in eine Vergangenheit, in der noch alles
möglich schien, in der deutsches Kino nicht zuletzt Offenheit bedeutete und an
dieser Stelle muss man vielleicht doch in Nostalgie verfallen. Vielleicht gibt
es so eine Freiheit im Kino wirklich nur einmal und diese Zeit kommt nie wieder
– schließlich hat auch jeder Frühling nur einen Mai.
Dieser Text wurde von David Schepers(@fantazeromane) verfasst.
Dieser Text wurde von David Schepers(@fantazeromane) verfasst.
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