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Mittwoch, 3. Februar 2016

"If you want my future - forget my past"



Nachdem wir uns an dieser Stelle bereits mit den Geschehnissen und Strömungen in der vierten Staffel von Pretty Little Liars beschäftigt haben, soll es nun folgerichtig um die fünfte Staffel dieser, soviel sei gesagt, auch im Verlauf der fünften Staffel ganz wunderbaren Serie gehen.

 

"It's still about love, Spencer" sagt Melissa Hastings an einer Stelle zu ihrer Schwester und fasst damit, in für Pretty Little Liars geradezu typischer Art und Weise, den Gesamttenor der Staffel zusammen. Nachdem Alison in der letzten Staffel nicht nur von den Toten auferstanden ist, sondern auch in ihre alte Heimatstadt zurückgekehrt ist, verschiebt sich die tonale Gestaltung der Serie zunächst einmal vollständig. Die vier, damals in Rosewood zurückgebliebenen, Lügnerinnen haben jeweils eine ganz unterschiedliche Art und Weise, mit dem Wiederauftauchen von Alison, die während der ersten vier Staffeln in vielen Rückblenden als, mit Verlaub, intrigantes Miststück präsentiert wurde – eine Lesart, die sich nach und nach als falsch und reine Projektion der anderen Figuren herausstellt. Alisons Rückkehr bedeutet auch ein Zerplatzen der Blase, in der es sich viele andere Figuren gemütlich gemacht haben, konnten sie doch Alison ungestört für ihre eigenen Probleme und düsteren Erinnerungen verantwortlich machen, ohne sich mit den Leichen im eigenen Keller beschäftigen zu müssen. Die Rückblenden der ersten vier Staffeln, ohnehin immer von einer offensiven Künstlichkeit, insbesondere in der Beleuchtung und Farbgebung, entpuppen sich als Konstrukte, sodass von Anfang an klar ist, dass Alisons Rückkehr nicht nur Fragen zu ihrem Verschwinden aufwerfen , sondern auch einige Figuren mit ihrer Vergangenheit oder gar mit ihren eigenen dunklen Seiten konfrontieren wird. Die (Zwangs-)Reflektion und die damit einhergehende Zuspitzung vieler Konflikte, dominiert die erste Hälfte der Staffel. Besonders interessant sind dabei natürlich unsere vier liebgewonnenen Hauptfiguren und ihre Reaktionen, die sehr unterschiedlich ausfallen und viel über die Konstruktion der einzelnen Charaktere verraten.



Hanna beispielsweise, die von Ashley Benson auch in dieser Staffel extrem überzeugend verkörpert wird, verfällt mit dem Auftauchen Alisons wieder in alte Verhaltensmuster, beginnt wieder damit in Boutiquen zu klauen, färbt sich die Haare und verbringt ein paar Folgen in einem ziemlichen merkwürdigen Alkoholismus-Plot, in welchem der zurückkehrende Caleb und Sie als eine Art Sid & Nancy auf ABC-Family-Niveau etabliert werden sollen – eine Idee, die sicherlich nicht ohne Reiz ist, jedoch angemessen schnell wieder verworfen wurde, genau wie der andere Alkoholismus-Plot rund um Alisons (undn  Spencers) Bruder Jason. Alkoholismus ist jedoch nicht das einzige große Thema, an welches sich Pretty Little Liars in Staffel 5 das erste Mal heranwagt. Der neue Boyfriend und zukünftige Ehemann von Arias Mutter belästigt Hanna in einer, gerade in ihrer vermeintlichen Inexplizität sehr unangenehmen, Szene, sie stößt jedoch abgesehen von Caleb ausschließlich auf Ungläubigkeit und Victim Blaming. Es wäre durchaus nicht ungewöhnlich, wenn sich eine derart treibende Serie wie Pretty Little Liars an einem solch wichtigen Thema verheben würde, zu meiner Überraschung gelingt es den Machern dennoch, sensibel mit ihrer vielleicht wichtigsten Figur umzugehen und so muss selbst die stolze Aria, die im Verlauf dieser Staffel leider noch weiter an Tiefe einbüßt (jedoch trotzdem einige der wichtigsten narrativen Stränge auf sich vereint), am Ende ihrer Freundin recht geben. Getreu dem alten Spice-Girls-Zitat "If you want my future, forget my past" verblasst auch dieses traumatische Erlebnis schnell – ähnlich wie die Tatsache, dass zu diesem Zeitpunkt der Serie immerhin die Hälfte der Kerncharaktere einen Menschen getötet haben, was sie jedoch eher kurz- denn langfristig zu belasten scheint. Einen interessanten Kontrapunkt setzt die Serie jedoch, als Alison in ihren Träumen von der (vermeintlich) toten Mona Vanderwaal in einer gruseligen Verkleidung gejagt und dazu gezwungen wird, sich ihrer Vergangenheit zu stellen. Aber zurück zu Aria, die im fulminanten Auftake der Staffel ("EscApe from New York") in Notwehr Shauna erschießt und im Laufe der Staffel kein besonders gutes Händchen bei der Auswahl ihrer Love Interests beweist – auch wenn eine Entlarvung Andrews als der zentrale Evil Mastermind der Serie doch etwas dürftig wäre, selbst für die häufig gezielt Erwartungen unterlaufende narrative Struktur von Pretty Little Liars. Ansonsten verbleibt Aria, wie bereits erwähnt, als die uninteressanteste, weil am klarsten definierte, Hauptfigur, gefangen in der ewigen Beziehung mit Ezra, immer wieder aufgehalten von ihren mehr oder minder schwach konzipierten Familliendynamiken (die Mike-Mona-Lovestory und ihre Folgen gehört zu den schwächsten Momenten der Serie bis dato) und leider lässt sich auch an Lucy Hales schauspielerischer Darbietung in dieser Staffel keine wirkliche Verbesserung feststellen.



Ganz im Gegensatz dazu steht ihre Kollegin Shay Mitchell, die in Staffel 5 deutlich fokussierter und zurückgenommener agiert und so ihrer Figur der Emily vielleicht das erste Mal über einen längeren Zeitraum wirklich nahe zu kommen scheint. Emily war während der gesamten Serie immer die Figur, deren Liebesbeziehungen sich am realsten, am glaubwürdigsten und vielleicht sogar am schönsten anfühlten (vielleicht ausgenommen der Hanna/Caleb-Paarung), weil es immer so schien, als ob Emily und ihre jeweilige Partnerin, ob es nun Maya, Paige oder, wie in dieser Staffel, Talia waren, ein ernsthaftes Interesse aneinander hätten und einander auch tatsächlich mögen, was einen Gegensatz zu den leider häufig sehr narrativ gedrängten Beziehungen der anderen Mädchen (Aria-Ezra; Spencer-Toby oder Hanna und der Typ, der so aussah, als ob er bei der Navy wäre und dessen Name mir partout nicht einfallen will – was auch in etwa seine Ausdruckskraft und Wichtigkeit beschreibt) bildet, welcher der Serie unheimlich gut tut und dazu beiträgt, dass die mittlerweile doch recht verrückt gewordene Kerngeschichte um die Jagd nach und von "A" eine Erdung erhält, wodurch die Serie auch emotional interessant bleibt. Dankbar muss man der Serie außerdem dafür sein, dass Homosexualität tatsächlich zu keinem Zeitpunkt thematisiert oder gar problematisiert wird, was andere Teenie-Serien sicherlich anders handhaben.



Die persönlichen Ängste, von denen sich die vier (ab einem gewissen Zeitpunkt fünf) Lügerinnen immer wieder gepackt sehen, spielen natürlich auch in Staffel 5 eine große Rolle. Es ist ihre Vergangenheit, die sie immer wieder in Rosewood hält, ob nun Spencers Oxford-Aufnahmegespräch durch eine Blutampulle manipuliert wird oder Aria von Angst getrieben wird, dass "A" ihre Zulassung am College verhindern wird. Doch das klingt alles nach einer sehr schwermütigen Serie und wenn Pretty Little Liars in Staffel 5 eins nicht zulässt, dann ist es Schwermut, im Gegenteil, Staffel 5 hat unheimlich viele schön, lustige Momente. Wie nah Schwermut und Leichtigkeit beieinander sein können, zeigt sich in der Weihnachtsszene, als die vier ursprünglichen Lügnerinnen mit ihren jeweiligen Partnern ein Weihachtsessen haben (nachdem sie das Haus in einer gerade zu wunderbar amerikanischen Art und Weise geschmückt haben) und Ali, ungesehen von den anderen, am Fenster vorbeigeht und auf diese Weise die zentrale Thematik dieser Staffel (und vielleicht auch der Serie insgesamt) visualisiert. Es geht darum zu sehen und gesehen zu werden, darum geht es nicht zuletzt in Pretty Little Liars, was gerade im fulminanten Finale der Serie noch einmal eindeutig wird. Der als Charles DiLaurentis identifzierte "A", sperrt Mona und die vier Mädchen in eine Art Puppenhaus (noch so eine zentrale Symbolik der Serie) und versucht sie so dazu zu zwingen, ihre letzten Tage vor dem Abschlussball unter seinen Augen zu durchleben. Glücklicherweise versucht Pretty Little Liars nicht, einen medienkritischen Ansatz im Sinne von einer Entlarvung des Zuschauers als Voyeur zu verfolgen, im Gegenteil, das Puppenhaus ist nur ein Symbol für die Verspieltheit, mit der die Macher ihre Serie inszenieren, immer darauf bedacht, neuen Ideen Raum zu geben, ihre Figuren auszuprobieren und nicht zurück zu schauen.

Dieser Text wurde von David Schepers(@fantazeromane) verfassen.

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