Nachdem wir uns
an dieser Stelle bereits mit den Geschehnissen und
Strömungen in der vierten Staffel von Pretty Little Liars beschäftigt haben,
soll es nun folgerichtig um die fünfte Staffel dieser, soviel sei gesagt, auch
im Verlauf der fünften Staffel ganz wunderbaren Serie gehen.
"It's
still about love, Spencer" sagt Melissa Hastings an einer Stelle zu ihrer
Schwester und fasst damit, in für Pretty Little Liars geradezu typischer Art
und Weise, den Gesamttenor der Staffel zusammen. Nachdem Alison in der letzten
Staffel nicht nur von den Toten auferstanden ist, sondern auch in ihre alte
Heimatstadt zurückgekehrt ist, verschiebt sich die tonale Gestaltung der Serie
zunächst einmal vollständig. Die vier, damals in Rosewood zurückgebliebenen,
Lügnerinnen haben jeweils eine ganz unterschiedliche Art und Weise, mit dem
Wiederauftauchen von Alison, die während der ersten vier Staffeln in vielen
Rückblenden als, mit Verlaub, intrigantes Miststück präsentiert wurde – eine
Lesart, die sich nach und nach als falsch und reine Projektion der anderen
Figuren herausstellt. Alisons Rückkehr bedeutet auch ein Zerplatzen der Blase,
in der es sich viele andere Figuren gemütlich gemacht haben, konnten sie doch
Alison ungestört für ihre eigenen Probleme und düsteren Erinnerungen
verantwortlich machen, ohne sich mit den Leichen im eigenen Keller beschäftigen
zu müssen. Die Rückblenden der ersten vier Staffeln, ohnehin immer von einer
offensiven Künstlichkeit, insbesondere in der Beleuchtung und Farbgebung,
entpuppen sich als Konstrukte, sodass von Anfang an klar ist, dass Alisons
Rückkehr nicht nur Fragen zu ihrem Verschwinden aufwerfen , sondern auch einige
Figuren mit ihrer Vergangenheit oder gar mit ihren eigenen dunklen Seiten
konfrontieren wird. Die (Zwangs-)Reflektion und die damit einhergehende
Zuspitzung vieler Konflikte, dominiert die erste Hälfte der Staffel. Besonders
interessant sind dabei natürlich unsere vier liebgewonnenen Hauptfiguren und
ihre Reaktionen, die sehr unterschiedlich ausfallen und viel über die
Konstruktion der einzelnen Charaktere verraten.
Hanna
beispielsweise, die von Ashley Benson auch in dieser Staffel extrem überzeugend
verkörpert wird, verfällt mit dem Auftauchen Alisons wieder in alte
Verhaltensmuster, beginnt wieder damit in Boutiquen zu klauen, färbt sich die
Haare und verbringt ein paar Folgen in einem ziemlichen merkwürdigen
Alkoholismus-Plot, in welchem der zurückkehrende Caleb und Sie als eine Art Sid
& Nancy auf ABC-Family-Niveau etabliert werden sollen – eine Idee, die
sicherlich nicht ohne Reiz ist, jedoch angemessen schnell wieder verworfen
wurde, genau wie der andere Alkoholismus-Plot rund um Alisons (undn Spencers) Bruder Jason. Alkoholismus ist
jedoch nicht das einzige große Thema, an welches sich Pretty Little Liars in
Staffel 5 das erste Mal heranwagt. Der neue Boyfriend und zukünftige Ehemann
von Arias Mutter belästigt Hanna in einer, gerade in ihrer vermeintlichen
Inexplizität sehr unangenehmen, Szene, sie stößt jedoch abgesehen von Caleb
ausschließlich auf Ungläubigkeit und Victim Blaming. Es wäre durchaus nicht
ungewöhnlich, wenn sich eine derart treibende Serie wie Pretty Little Liars an
einem solch wichtigen Thema verheben würde, zu meiner Überraschung gelingt es
den Machern dennoch, sensibel mit ihrer vielleicht wichtigsten Figur umzugehen
und so muss selbst die stolze Aria, die im Verlauf dieser Staffel leider noch
weiter an Tiefe einbüßt (jedoch trotzdem einige der wichtigsten narrativen
Stränge auf sich vereint), am Ende ihrer Freundin recht geben. Getreu dem alten
Spice-Girls-Zitat "If you want my future, forget my past" verblasst
auch dieses traumatische Erlebnis schnell – ähnlich wie die Tatsache, dass zu
diesem Zeitpunkt der Serie immerhin die Hälfte der Kerncharaktere einen
Menschen getötet haben, was sie jedoch eher kurz- denn langfristig zu belasten
scheint. Einen interessanten Kontrapunkt setzt die Serie jedoch, als Alison in
ihren Träumen von der (vermeintlich) toten Mona Vanderwaal in einer gruseligen
Verkleidung gejagt und dazu gezwungen wird, sich ihrer Vergangenheit zu
stellen. Aber zurück zu Aria, die im fulminanten Auftake der Staffel
("EscApe from New York") in Notwehr Shauna erschießt und im Laufe der
Staffel kein besonders gutes Händchen bei der Auswahl ihrer Love Interests
beweist – auch wenn eine Entlarvung Andrews als der zentrale Evil Mastermind
der Serie doch etwas dürftig wäre, selbst für die häufig gezielt Erwartungen
unterlaufende narrative Struktur von Pretty Little Liars. Ansonsten verbleibt
Aria, wie bereits erwähnt, als die uninteressanteste, weil am klarsten
definierte, Hauptfigur, gefangen in der ewigen Beziehung mit Ezra, immer wieder
aufgehalten von ihren mehr oder minder schwach konzipierten Familliendynamiken
(die Mike-Mona-Lovestory und ihre Folgen gehört zu den schwächsten Momenten der
Serie bis dato) und leider lässt sich auch an Lucy Hales schauspielerischer
Darbietung in dieser Staffel keine wirkliche Verbesserung feststellen.
Ganz im
Gegensatz dazu steht ihre Kollegin Shay Mitchell, die in Staffel 5 deutlich
fokussierter und zurückgenommener agiert und so ihrer Figur der Emily
vielleicht das erste Mal über einen längeren Zeitraum wirklich nahe zu kommen
scheint. Emily war während der gesamten Serie immer die Figur, deren
Liebesbeziehungen sich am realsten, am glaubwürdigsten und vielleicht sogar am
schönsten anfühlten (vielleicht ausgenommen der Hanna/Caleb-Paarung), weil es
immer so schien, als ob Emily und ihre jeweilige Partnerin, ob es nun Maya,
Paige oder, wie in dieser Staffel, Talia waren, ein ernsthaftes Interesse
aneinander hätten und einander auch tatsächlich mögen, was einen Gegensatz zu
den leider häufig sehr narrativ gedrängten Beziehungen der anderen Mädchen
(Aria-Ezra; Spencer-Toby oder Hanna und der Typ, der so aussah, als ob er bei
der Navy wäre und dessen Name mir partout nicht einfallen will – was auch in
etwa seine Ausdruckskraft und Wichtigkeit beschreibt) bildet, welcher der Serie
unheimlich gut tut und dazu beiträgt, dass die mittlerweile doch recht verrückt
gewordene Kerngeschichte um die Jagd nach und von "A" eine Erdung
erhält, wodurch die Serie auch emotional interessant bleibt. Dankbar muss man
der Serie außerdem dafür sein, dass Homosexualität tatsächlich zu keinem
Zeitpunkt thematisiert oder gar problematisiert wird, was andere Teenie-Serien
sicherlich anders handhaben.
Die
persönlichen Ängste, von denen sich die vier (ab einem gewissen Zeitpunkt fünf)
Lügerinnen immer wieder gepackt sehen, spielen natürlich auch in Staffel 5 eine
große Rolle. Es ist ihre Vergangenheit, die sie immer wieder in Rosewood hält,
ob nun Spencers Oxford-Aufnahmegespräch durch eine Blutampulle manipuliert wird
oder Aria von Angst getrieben wird, dass "A" ihre Zulassung am
College verhindern wird. Doch das klingt alles nach einer sehr schwermütigen
Serie und wenn Pretty Little Liars in Staffel 5 eins nicht zulässt, dann ist es
Schwermut, im Gegenteil, Staffel 5 hat unheimlich viele schön, lustige Momente.
Wie nah Schwermut und Leichtigkeit beieinander sein können, zeigt sich in der
Weihnachtsszene, als die vier ursprünglichen Lügnerinnen mit ihren jeweiligen
Partnern ein Weihachtsessen haben (nachdem sie das Haus in einer gerade zu
wunderbar amerikanischen Art und Weise geschmückt haben) und Ali, ungesehen von
den anderen, am Fenster vorbeigeht und auf diese Weise die zentrale Thematik
dieser Staffel (und vielleicht auch der Serie insgesamt) visualisiert. Es geht
darum zu sehen und gesehen zu werden, darum geht es nicht zuletzt in Pretty
Little Liars, was gerade im fulminanten Finale der Serie noch einmal eindeutig
wird. Der als Charles DiLaurentis identifzierte "A", sperrt Mona und
die vier Mädchen in eine Art Puppenhaus (noch so eine zentrale Symbolik der
Serie) und versucht sie so dazu zu zwingen, ihre letzten Tage vor dem
Abschlussball unter seinen Augen zu durchleben. Glücklicherweise versucht
Pretty Little Liars nicht, einen medienkritischen Ansatz im Sinne von einer
Entlarvung des Zuschauers als Voyeur zu verfolgen, im Gegenteil, das Puppenhaus
ist nur ein Symbol für die Verspieltheit, mit der die Macher ihre Serie
inszenieren, immer darauf bedacht, neuen Ideen Raum zu geben, ihre Figuren
auszuprobieren und nicht zurück zu schauen.
Dieser Text wurde von David Schepers(@fantazeromane) verfassen.
Dieser Text wurde von David Schepers(@fantazeromane) verfassen.
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