Denis
Villeneuve hält sich selbst für einen sehr guten Regisseur, zumindest lässt
Sicario (und eigentlich auch jeder seiner anderen Filme) darauf schließen. Die
Frage, ob Villeneuve tatsächlich so fähig ist, soll zunächst hinten angestellt
werden, bietet Sicario doch einige andere Dinge an Diskussionsstoff.
Das obligatorische Lob für die größtenteils überzeugende, wenn auch stellenweise arg an "Qualitätsserien" wie Breaking Bad oder True Detective geschulte, Kameraarbeit von Roger Deakins sei hiermit erteilt, auch Emily Blunt macht aus ihrer recht dünn geschriebenen Rolle das Beste, nichtsdestotrotz manifestieren sich an ihrer Rolle einige grundlegende Probleme. Sicario tritt, gerade in der stärkeren ersten Hälfte, mit dem Anspruch an, ein Bild von den Zuständen im Drogenkrieg im mexikanisch-amerikanischen Grenzgebiet zu vermitteln – davon bleibt jedoch spätestens nach den ersten, nur mäßig konstruierten Drehbuchwendungen nichts mehr übrig. Villeneuve kann sich nicht so recht entscheiden, ob er nun einen Actionfilm mit Drogenbezug im Sinne von French Connection oder eine wirkliche Zustandsbeschreibung präsentieren möchte. Die tränendrüsige Inszenierung beispielsweise der Familie des korrupten Polizisten soll vermutlich den Anschein einer Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Folgen des Drogenkriegs erwecken, wirkt im Kontext des Films jedoch schlicht deplatziert.
Das obligatorische Lob für die größtenteils überzeugende, wenn auch stellenweise arg an "Qualitätsserien" wie Breaking Bad oder True Detective geschulte, Kameraarbeit von Roger Deakins sei hiermit erteilt, auch Emily Blunt macht aus ihrer recht dünn geschriebenen Rolle das Beste, nichtsdestotrotz manifestieren sich an ihrer Rolle einige grundlegende Probleme. Sicario tritt, gerade in der stärkeren ersten Hälfte, mit dem Anspruch an, ein Bild von den Zuständen im Drogenkrieg im mexikanisch-amerikanischen Grenzgebiet zu vermitteln – davon bleibt jedoch spätestens nach den ersten, nur mäßig konstruierten Drehbuchwendungen nichts mehr übrig. Villeneuve kann sich nicht so recht entscheiden, ob er nun einen Actionfilm mit Drogenbezug im Sinne von French Connection oder eine wirkliche Zustandsbeschreibung präsentieren möchte. Die tränendrüsige Inszenierung beispielsweise der Familie des korrupten Polizisten soll vermutlich den Anschein einer Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Folgen des Drogenkriegs erwecken, wirkt im Kontext des Films jedoch schlicht deplatziert.
In der
ersten Stunde hatte ich kurzzeitig die Hoffnung, dass Villeneuve seinen Film in
eine Art aktualisierte Form von Apocalypse Now langsam in den Wahnsinn kippen
lässt, nach einem furiosen Beginn mit der bereits im Trailer angedeuteten Szene
auf einer Autobahnbrücke verfällt der Film in altbekannte Agentenklischees, die
vom Drehbuch gebetsmühlenartig abgearbeitet werden. Der junge Neuankömmling,
der sich an Paragraphen und Dienstvorschriften festhält trifft auf eine alteingesessene
Männerclique, die jeglichen Bezug zur "normalen" Welt verloren haben,
während der Arbeit trinken und sich einen Dreck um die Vorschriften scheren
sind im Jahr 2015 keine neue Idee mehr, zumal es dem Film nur in einzelnen
Momenten gelingt, den Kontrast zwischen Emily Blunts Figur und dem Männerbund
tatsächlich fassbar zu machen und ihn von der reinen Behauptung zu erheben. In
einer der besten Szenen des Films sitzen Blunt und ihr Kollege, durch eine
schalldichte Glaswand von den Vorgesetzten getrennt, vor einem Büro und rätseln
darüber, welche Fragen in diesem Büro besprochen werden – die räumliche und
auditive Distanz, die in dieser Szene deutlich wird, zieht sich als ein
Leitmotiv durch den gesamten Film, wird jedoch nie wieder so klar wie an dieser
Stelle. Macer, so der Name von Emily Blunts Figur, stammt aus einer anderen Welt
und bleibt den ganzen Film ein Außenseiter. Daraus macht Villeneuve leider
nicht ansatzweise genug, Macer dient über die beinahe vollständige Lauflänge
lediglich dazu, Dinge von anderen (männlichen) Charakteren erklärt zu bekommen.
Ihre privaten Probleme sind mehr Oberfläche denn Charaktertiefe und ohnehin von
einer geradezu schmerzhaften Klischeeisierung.
Auch Sicario
(und das scheint sich wie ein roter Faden durch Villeneuves Œuvre zu ziehen) lässt wenig Raum für Subtilität, die
Musik dröhnt an einigen Stellen wie in den schlimmsten Momenten eines
Hans-Zimmer-Scores, das Drehbuch lässt sich trotz Überlänge keine Zeit die
Figuren mit Nuancen zu versehen. Schön jedoch die Szene, in der Benicio del
Toro mit illegalen Einwanderern spricht, um Informationen über den Standort
eines Umschlagplatzes zu erhalten. Er siezt die Einwanderer, im Gegensatz zu
den Drogendealern, die er durch die Bank weg duzte. Derlei Nuancierungen, die
sich jedoch nur einem zumindest mit rudimentären Spanischkenntnissen gesegneten
Publikum erschließen dürften, hätte ich mir mehr gewünscht. Und um auf die
Frage zurück zu kommen, ob Denis Villeneuve ein sehr guter Regisseur ist:
Vermutlich nicht. Einige inszenatorische Einfälle sind schlicht bekloppt
(insbesondere in der Tunnelszene gegen Ende), sein Gespür für Timing und
Figuren scheint mir unterentwickelt. Sicario ist ein zwiespältiger Film.
Dieser Text wurde von David Schepers(@fantazeromane) verfasst.
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