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Freitag, 30. August 2019

Es war seltsam, aber…- Kurze Gedanken zu drei Kinobesuchen


ICH WAR ZUHAUSE, ABER…
Schanelec beweist ein weiteres Mal, dass formale Geschlossenheit und offene Erzählweisen sich nicht widersprechen, sondern sich in ihrem Kino sogar gegenseitig bedingen. Maren Eggert sinkt zu einer herzzerreißenden Version von „Let’s Dance“ am Grab ihres Mannes nieder. Es sind ungewöhnlich viele nach außen getragene Emotionen in diesem Film zu sehen, die sich auf den zweiten Blick aber wieder in das ansonsten wahrhaftige Spiel der Darsteller einfügen. Nur Maren Eggert darf sich aufregen, darf ihre Kinder anschreien, darf in ihre Wohnung rennen. Am Ende ist es dann wieder die Stille der Naturgeräusche, die nach dem Scheitern der Kommunikation zwischen den Figuren die Verbindungen schafft. Die Kinder spielen Hamlet und das ist in jeder Hinsicht das größte Rätsel des Films: „Alles Spiel ist immer Lüge.“

LEID UND HERRLICHKEIT
Zu wenig Filmemachern habe ich so ein seltsames Verhältnis wie zu Pedro Almodóvar. Ich verstehe, was er mir sagen will und auch, warum Leute seine Filme mögen, aber mir selbst bleibt der Zugang zu seiner Poesie verstellt (abgesehen von dem sehr tollen ALLES ÜBER MEINE MUTTER). Auch in seinem neuen Film gibt es wunderbar inszenierte Szenen, allen voran das Wiedersehen zwischen Salvador und Federico, aber die ganze Konstruktion des Films und seine Umsetzung empfand ich als belanglos und am Ende dann doch auch eindimensional. Aber ich glaube, dass sich irgendwo in diesen Film noch etwas vor mir versteckt. Ich kann also nicht sagen, dass er mir wirklich gefallen hat. Aber die Suche nach einem punctum im Werk eines Filmemachers, zu dessen Filmen einem der Zugang fehlt, ist auf bizarre Art und Weise sehr reizvoll, weshalb ich es beim nächsten Almodóvar-Film wieder versuchen werde.

ONCE UPON A TIME… IN HOLLYWOOD
Ein Film, der in seiner Erzählweise mehr mit dem fast komplett leerer Kinosaal in der Nachmittagsvorstellung in einer Thüringer Kleinstadt zu tun hat, als der monatelangen Vorberichterstattung samt Premiere in Cannes. Tarantino ist einer der wenigen Filmemacher, die die Thematiken ihrer Filme aus ihnen selbst heraus verstehen wollen. Daher ist der Film nicht nur aus ästhetischer Perspektive dann am besten, wenn er sich munter dem Fabulieren und Erfinden von Filmen, Serien und Filmplakaten hingibt und ganz in die Ästhetik dieser Zeit einzutauchen, ohne ihr gänzlich zu verfallen. Wer hier reine Nostalgie sieht, verkennt, dass Tarantino nicht um des Zitieren willen zitiert, sondern sich daran macht, diese Zeit und vor allem diesen Ort verstehen zu können. Er lässt die gefährlichen Stellen seines Filmes geschickt ins Leere laufen und erzählt noch fragmentarischer, wie sonst vielleicht nur in PULP FICTION. Man muss sich seinen eigenen Film im Kino ansehen, muss die Bewegungen noch einmal mitmachen, um sich gewahr zu werden, dass das Bewegtbild eben wirklich ein bewegtes ist. Tarantino gelingt es, seinen Film so offen zu gestalten, dass er ihm sogar zeitweise selbst zu entgleiten scheint. Aber auch das scheint ihn nicht wirklich zu stören, denn nur durch diese Offenheit kann der Film seinem Sujet wirklich nahekommen.

Dieser Text wurde von Luca Schepers (@ArafatsSohn) verfasst.

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